
Heute haben wir keinen Führer sondern wollen auf eigene Faust losziehen. Doch vorher steht noch der Zimmerwechsel an: Gestern waren alle Zimmer nach hinten raus besetzt, denn im Wonderland-Hotel fanden gleich drei Konferenzen zu Gesundheitsfragen statt. Die Rezeptionistin hat uns aber für heute einen anderen Raum versprochen.
Tatsächlich kriegen wir den nach dem eher verhaltenen Frühstück direkt. Der Concierge trägt sogar unseren Safe von einem Zimmer ins andere! Nun schlafen wir nicht mehr an der Straße, dafür oberhalb des Notstromaggregates…
Wir gehen also los und wollen zum Rimbaud-Museum.

Arthur Rimbaud war ein französischer Abenteurer und Dichter, der Mitte des 19. Jahrhunderts mehrfach nach Harar kam. Zeitweise lies er sich als Händler nieder und soll ein halbes Jahr auch mit einer abessinischen Frau zusammengelebt haben. Grundsätzlich war er aber wohl homosexuell und hatte ein spannungsvolles Verhältnis mit dem Dichter Verlaine…

Das Haus ist im Gewirr der Gassen nicht leicht zu finden. Irgendwann spricht uns Ahmed an, ein Harari mit schlohweisen, kurzen Haaren, der sich als Sportreporter des lokalen Rundfunks vorstellt. Er bedauert mit bewegten Worten das Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der WM. Ja, gegen Argentinien oder Spanien – aber doch nicht gegen Südkorea! Er sei ein Fan von Joki Lau. So heißt Herr Löw auf Amharisch…
Er bringt uns zum Museum, in dem es leider keinen Führer gibt. Wir bewundern trotzdem die Sammlung von Büchern, aber das wichtigste sind Reproduktionen von historischen Fotos, viele von ihnen hat Rimbaud selbst aufgenommen. Da sieht man Harar Mitte des 19. Jahrhunderts.

Rimbaud organisierte sogar eine Karawane, um Menelik II Waffen zu bringen. Doch insgesamt verlief sein wirres und wechselvolles Leben eher tragisch. Mit 37 Jahren starb er in Marseille an den Folgen einer Bein-Amputation.

Wir laufen weitere 4 km durch die Altstadt, erkunden auch kleine Gässchen und Plätze und erreichen schließlich wieder den zentralen Platz, den die Hararis „Chalanko“ nennen, nach dem Ort in der Nähe, an dem der Ras (Fürst oder Oberhaupt) von Harar die letzte Schlacht gegen Menelik II verlor – und die bis dahin selbständige Handelsstadt Harar Äthiopien einverleibt wurde.

Von der Veranda des Cafe Negeyo hat man einen wunderbaren Blick über den Platz, der in den Karten als Feres Megala eingezeichnet ist. Hier kann man auch unbemerkt Fotos machen…

Bei einem Kaffee und einer Cola erklärt uns der Inhaber des Cafes die Geschichte um den Platz und ein Sänger am Nebentisch verkauft uns seine CD – der Titel ist übersetzt – Medizin – Medizin für Harar…
Den Rest des Tages verbringen wir mit Umziehen des Zimmers. Am Abend gehen wir im Ras-Hotel essen – wieder Injera, Annette nimmt eine Soße aus Kichererbsen dazu, Wendelin hat Doro Wot – das ist ein Stück gebratenes, zähes Huhn mit scharfer Soße.