21. September – Flug nach Dire Dawa und Besuch auf dem Markt

Heute morgen hieß es erstmals wieder packen (was uns voraussichtlich noch weitere 8 mal blüht…) und zum Flughafen.
Vorher haben wir noch im teuren Capital-Hotel nach Briefmarken gesucht und mit dem Manager des Caravan Hotels um den Zimmer Preis für unsere zwei Übernachtungen kurz vor dem Rückflug gefeilscht.

Am Flughafen bezahlen wir noch unser Ticket von Lalibela nach Addis am 13. Oktober – wenn es nach Kairo geht…Leider mussten wir wiedermal bar zahlen, die Maschine für die Kreditkartenzahlung ist defekt…

Aber pünktlichst um 14:00 hebt der Flieger schon ab in Richtung Dire Dawa

Addis von oben

Beim Abflug können wir sehen, wie sich Addis mit zahllosen neuen Wohnsiedlungen immer weiter ins Umland frisst – dabei auch große Einfamilienhaus-Siedlungen, fast wie in Widdersdorf – für die neue Mittelschicht, hatte Jan Blum berichtet.

Der Flughafen in Dire Dawa ist dagegen ein bescheidenes Provinzflugfeld. Mit einem Fahrer geht es durch die Stadt zum Ras-Hotel.

Dire Dawa ist recht neu – es ist Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Als mit Hilfe der Franzosen die Eisenbahn von Dschibuti (damals noch Französisch-Somaliland) nach Addis gebaut wurde, sollte ursprünglich Harar, die uralte Handelsstadt einbezogen werden. Aber da hätte man richtig in die Berge bauen müssen – uns so entschied man sich dafür, eine Station weiter westlich am Fuß der Berge zu bauen, die als vorläufiger Endpunkt der Linie diente. Dort bildete sich rasch eine kleine Siedlung – und heute ist Dire Dawa die viertgrößte Stadt Äthiopiens.

Die ursprüngliche Eisenbahner-Stadt ist schachbrettartig angelegt. Sie befindet sich im Südosten des trockenen Flusses, der nur in der Regenzeit Wasser führt.

Wir checken im „Ras Hotel“ (Ras heißt soviel wie Haupt, Gipfel, Spitze) ein: Für 700 Birr, etwa 25 Euro dürfen wir eine Nacht auf dem härtesten Bett Afrikas verbringen.

Die Bemühungen des Hotelangestellten, das brettharte Ding durch Auflagen zu entschärfen, bleiben erfolglos und wir beschließen, erst mal zum Markt zu gehen.

In den Straßen ist richtig Leben, überall spielen Kinder, Frauen unterstützen sich gegenseitig beim Zubereiten von Essen oder bei Handarbeiten.
Nur die Männer hängen zu einem großen Teil in den Straßen und kauen Khat, eine weiche – und auch erlaubte – Droge. Man kaut auf den Blättern herum und das hat eine euphorisierende Wirkung und erhöht nebenbei Puls und Blutruck…und nimmt den Hunger.
Khat ist übrigens eines der Hauptexportgüter Äthiopiens – und hier, im Osten, ist das Hauptanbaugebiet…
Wir laufen zu Fuß durch die Straßen zur „Alt“-Stadt und finden bald den Markt mit verwinkelten Gassen zwischen dutzenden von Verkäuferinnen (es sind weit überwiegend Frauen, die hier anbieten). Am häufigsten werden getrocknete Peperoni angeboten.

Rund um den Markt sind Trümmerfelder, einzelne Rohre liegen herum, auf denen sich Ziegen vergnügen.

Die Frauen, umgeben von sauber aufgeschichteten Früchten, von Gemüse und manchmal bunten, gemahlenen Gewürzen wären wirklich ein tolles Motiv – wir haben auch die eine oder andere gefragt, alle aber winken ab, und heimlich fotografieren kommt nicht in Frage.

Wir sind ohnehin die Sensation des Tages, besonders für die Kinder. Alle wollen sie mal einen Weißen berühren, geben uns die Hand oder johlen um uns herum. Glücklicherweise sind sie nicht allzu aufdringlich – und die Eltern schreiten schnell ein, auch wenn sie selbst neugierig gucken und unser „Selam“ erwidern – oder sogar ein „how are you“ hinzufügen.

Wir kriegen wenigstens eins der zahllosen „Bajajas“ (gesprochen Baschascha) vor die Kamera – dreirädrige Gefährte mit überdachten aber sonst offenen Sitzen hinter dem Fahrer, der mit einer Motorradlenkstange richtig Gas gibt…

Am Abend gehen wir ins Paradiso, eine Art Italiener, das einzige wenigstens im Lonely Planet empfohlene Restaurant in der Stadt. Es gibt ordentliche Spaghetti – und nach dem wir uns doch länger aus den Reiseführern vorgelesen haben steht der Äthiopien am Nebentisch auf und fragt in bestem Deutsch: „Haben sie noch viel vor in Äthiopien?“ Er freut sich richtig, nach über 20 Jahren mal wieder Deutsch zu sprechen – und er kann es noch sehr gut. Als Flüchtling ist er 1985 nach Berlin gekommen, weil mit 15 noch minderjährig musste er in ein Jugendheim – und lernte in Berlin Maschinenschlosser. 1994, als das Mengistu-Regime gestürzt und die Lage etwas übersichtlicher war, ist er nach Äthiopien zurückgekehrt und hat das – wie er betont – nie bereut.

Morgen geht es weiter nach Harar.