27. September – Von Bahir Dar nach Gonder

Ein letztes Mal Frühstück in der Unterkunft „The Annex“, die von der Schwägerin einer in der Schweiz lebenden Niederländerin betrieben wird. Wir haben noch den Duschkopf geklebt, der durch den Wasserdruck vom Schlauch abgesprungen ist. Es ist nicht einfach, eine solche Unterkunft nicht nur sauber, sondern auch richtig funktionsfähig zu halten.

Um 10 sind wir abreise bereit und fahren zunächst los, um eine Haarbürste für Annette zu kaufen. Aber heute ist ja Feiertag, überall in den Straßen wird getanzt und Musik gemacht, viele Läden sind geschlossen.

Mit dem Fahrer geht es die Nationalstraße 3 nach Norden. Bei Worota biegen wir auf die Landstraße Richtung Lalibela ab, denn etwa 10 Kilometer weiter befindet sich das Dort Awra Amba (gesprochen Aura Amba).

Im Dorf Awra Amba

Mit dem Dorf hat es eine besondere Bewandtnis. Der Gründer, Zurma Nuro, hat wohl schon als Jugendlicher die religiöse Spaltung in seiner Heimat kritisiert und zog schließlich umher, um für eine Gemeinschaft zu werben, die sich dem Grundsatz der Religionslosigkeit verschrieben hat. Dennoch folgt die Gemeinschaft moralischen Grundsätzen – es wird gemeinsam gearbeitet, gleich geteilt, und es werden die Menschen unterstützt, die der Unterstützung bedürfen.

Ein junger Mann, in der Gemeinschaft geboren und von ihr beim Studium unterstützt, berichtet als Führer durch das Dorf von der Geschichte: Nuro begann 1986 mit 18 Mitstreitern in der Region ein Dorf zu gründen. Die Gemeinschaft wuchs langsam auf über 60. Doch sie wurden in der Nachbarschaft angefeindet und zogen sich nach Südäthiopien zurück. Dort starben viele Mitglieder oder wanderten ab. Anfang der 90ger Jahre ein neuer Versuch in Amhara – und diesmal konnte sich die Gemeinschaft festigen und zählt jetzt über 500 Menschen.

Das Altenheim von Awra Amba. Die Unterkunft für die z.T. stark behinderten alten Menschen ist natürlich sehr einfach. Doch jede/r hat seine private Sphäre und wird von den jüngeren betreut – ernährt, gewaschen, geduscht, wo es nicht mehr selbst geht.

Die Sorge für die Gemeinschaft ist beeindruckend. Alte Menschen, besonders solche ohne Familie, die für die sorgt, werden in einem Altenheim betreut. Und auch für einen Kindergarten sorgt die Gemeinschaft. Sie unterhält eine Bücherei und ermöglicht den Kindern und Jugendlichen Ausbildung bis zum akademischen Grad.

Die Gemeinschaft hat nur wenig Land, das sie bebauen kann – deshalb wurde vor allem die Weberei als Einnahmequelle erschlossen.

Weberei in Awra Amba

Das Gebäude hat die niederländische Regierung gesponsert.

Der Gründer des Dorfes ist ein beeindruckender Mann, der eine grell grüne Strickmütze als Markenzeichen auserkoren hat. Wir kaufen nicht nur eine Decke, sondern lassen auch eine Spende da.

Zurma Nuro

Nach einer guten Stunde geht es weiter nach Gonder. Dort steigen wir im Lodge Du Chatteau ab, einer Art Motel (die Zimmer führen alle in den Innenhof) mit einer Dachterrasse zum Frühstücken.

Lodge Du Chateau – tolle Lage neben der Burg, aber mit 63 Euro die Nacht deutlich überteuert

Dort treffen wir Daniel und Christina aus Spanien, mit denen wir am Abend über Reiseerfahrungen, Sprachen und ein bisschen die Politik von Puigedemont bis Brexit diskutieren.

Zum Abendessen gibt es ein beeindruckendes Büffet im Restaurant „Die vier Schwestern“.

Das Buffet ist mit 230 Birr pro Person (ca 7 Euro) wiederum recht günstig. Einzelne Gerichte kosten meist zwischen 100 und 200 Birr